Rainer bei den Finals in Berlin
von Rainer Piepereit (Kommentare: 0)
Die Idee:
Hier mal ein etwas anderer, langfristig angelegter Bericht zu Rainers Deutschen Meisterschaft WA 2019.
Dieser Bericht soll zeigen, welche Überlegungen, Situationen, Ereignisse und was sonst noch alles zu solch einer Teilnahme auftreten.
Zu Beginn der Freiluftsaison stand fest, dass die Deutsche Meisterschaft dieses Jahr etwas Besonderes wird, sollte sie doch in Berlin im Rahmen der "Berlin Finals" mit 9 weiteren Sportarten wie, Leichtathletik, Boxen, Bahnrad, Triathlon, uvm. stattfinden. https://finals2019.berlin.de/
Der Austragungsort selbst war schon spektakulär. Das Maifeld mit viel Historie, wenn auch nicht immer mit guten Geschehnissen. https://de.wikipedia.org/wiki/Maifeld_(Berlin) Das Maifeld schließt direkt an das Berliner Olympiastadion an, in dem 1936 die Olympischen Spiele stattfanden. Hertha BSC Berlin trägt dort heute ihre meist nicht sehr glorreichen Bundesligaspiele aus. Auf dieser ca. 340 x 260 m großen Fläche findet seit 2017 der WA Bogen WorldCup und 2023 die Bogensport-Weltmeisterschaft statt.
Also nahmen sich die alten Säcke TomS, Harald und ich (Rainer) zu Saisonbeginn vor: "Da fahren wir hin!" - als Mannschaft. Die Trainingsaufwände wurden gesteigert, das Material optimiert und mit voller Motivation in die Meisterschaftswettkämpfe eingestiegen.
Anpeilen muss man für eine relativ sichere Qualifikation in der Masterklasse 605 Ringe und 1790 für die Mannschaft.Tatsächlich begann die Saison mit guten Ergebnissen. Wir alle konnten unsere Durchschnitts-Ergebnisse leicht anheben.
Saisonverlauf:
April VM: TomS 597, Harald 532, ich 605, Mannschaft 1734. Der Plan: Rainer Ergebnis halten, TomS 10-20 drauf, Harald bis 570 durchbeißen.
Mai Gau: TomS 588, Harald 523, ich 581, Mannschaft 1692 -Der Plan: „Schau mer mal“. Ist ja noch weit bis zur Bayerischen. Bloß keine Panik.
Mai OBM: TomS 601, Harald 555, ich 569, Mannschaft 1725 -Alle schiessen super, nur ich nicht. Mannschaft Platz 3 auf OBM, schon mal ein Erfolgserlebnis.
Für mich peinlich: Ich hätte mich im Einzel nicht für die Bayerische qualifiziert. Es reichte nur über die Mannschaft.
Ich habe nur noch acht Pfeile, also 12 neue gekauft und ca. 2 cm länger gelassen, damit die besser fliegen. Problem: die neuen fliegen schlechter. Es sollte sich herausstellen, dass ich den Rest der Saison mit den alten Pfeilen schießen werde.
Sehen kann ich auch nicht mehr gut. Die Brille hat nicht mehr die richtige Stärke. Egal, der Koreaner ist ja fast blind Olympiasieger geworden.
Mitte Juni ging’s dann erstmal in Urlaub. Sehr schön, aber keine Trainingsgelegenheit.
Ende Juni BM: TomS 575, Harald 554, ich 596, Mannschaft 1725 -TomS kam nicht in den Wettkampf, Harald sehr gut, trotz Trauerfall in Familie, Rainer mit sehr guter 2 Runde aber einer fatalen 2.
Nun hieß es Warten auf die Limitzahlen zur DM. Mit der Mannschaft wird es nicht langen. Es fehlten halt rund 60 Ringe. Nur mein Ergebnis könnte eventuell langen.
Ich verzweifelte an der geschossenen 2 in der drittletzten Passe. Wäre dieser Schuss in der 8 oder 9 gewesen, wäre ich mit meinen 602 Ringen recht sicher qualifiziert.
Leider hat die bayerische Meisterschaft mit den Temperaturen von 38 Grad meinen Rücken mal wieder ruiniert. Also erstmal zwei Wochen Schiesspause.
12.7. Die Limits sind raus. Einzel 594, Mannschaft 1770. D.h. Ich mit zwei Ringen qualifiziert. Der Mannschaft fehlen leider 45 Ringe, die wir alle drei unter uns aufteilen können. Sofort Hotel in Spandau in der Nähe des Olympiastadions gebucht.
Meine Frau Martina kommt mit. Das hat sie seit ca. 30 Jahren nicht mehr gemacht. Ich freue mich sehr.
Um den Rücken wieder hinzukriegen wird direkt ein Regenerationsprogramm gestartet.
2.7. Osteophat
Krankengymnastik: 8.7. 11.7. 16.7 19.7, 22.7, 24.7, 30.7
23.7 Orthophäde - weiter Krankengymnastik
Hier meine Trainingshistorie nach Urlaub und Krankenpause:
11.7. 60 Schuss Keller, erstmals wieder nach BM.
12.7. 80 Schuss Keller,
14.7. 132 Schuss bis 50m Allershausen (im folgenden Allhs genannt)
15.7. Die neuen Pfeile rund 1 cm gekürzt.
16.7. 90 Schuss FS miserables Ergebnis, aber neue Pfeile fliegen besser
17.7. 80 Schuss Keller
18.7. 130 Schuss FS, Gutes Gefühl, aber viele schlechte Passen. Haralds 670er Pfeile probiert. Fliegen besser. Hätte besser diesen Spinewert kaufen sollen. Mist.
Ab 20.7. wird das Volksfestzelt in Allershausen aufgebaut. Dazu muss man wissen, dass ich auch Mitglied bei Diana Allershausen bin und somit auch dort trainieren kann. Der Verein baut das Festzelt selber auf. Nun ist so ein Volksfestaufbau wirklich anstrengend. Aus Angst, mir meinen Rücken zu ruinieren (ist schon zweimal passiert.), habe ich mich entschlossen, nicht mitzuhelfen. Das schlechte Gewissen ist trotzdem da. Ich hoffe, dass meine Allershausener Vereinskollegen meine Entscheidung verstehen können.
20.7. 102 Schuss Allhs 601. Schlechtes Gefühl, gutes Ergebnis, Pfeile fliegen immer noch hecklastig
22.7. 80 Schuss Allhs 295. Schlechtes Gefühl, mittelprächtiges Ergebnis
23.7. 80 Schuss FS. Schlechtes Gefühl. Komme nicht durch Klicker
Entschluss: Neue Mittenwicklung, Nockpunkt 1 mm runter, schauen, ob ich Nr. 3-Spitzen habe. Klicker umbauen auf normale Befestigung, da Spitzen knistern.
Werde von Kollegen und anderen Leuten angesprochen, die die Finals-Werbung im Fernsehen gesehen haben. Werde da wohl keine Hauptrolle spielen.
24.7. Mittenwicklung erneuert. Die alte war ausgeleiert. Nockpunkt 0,5mm tiefer gesetzt. Klicker wieder auf die normale Schraube geändert. Bei dem verstellbaren Klicker habe ich den Eindruck, dass die Spitzen mehr knistern.
25.7. 63 Schuss Allhs, 293, aber besseres Gefühl, kein Knistern mehr. Besser auf Stand achten. Nicht ins Hohlkreuz fallen. Auf senkrechte Bogenausrichtung achten.
Meine Tochter zieht nach Hamburg um. Da das Kind jedes Jahr umzieht haben wir ihr gesagt, dass Sie das dieses Jahr alleine schaffen muss. Hat auch funktioniert.
27.7. 108 Schuss Allhs, 308,309 -> 617. Super, gutes Gefühl, so kanns laufen. Die alten Pfeile benutzt. Entscheidung: diese werden in Berlin verwendet.
28.7 132 Schuss, Allhs, 279, 291, 310, Bogenarm ruckt immer wieder nach rechts oder links. Neue Pfeile sind schlechter. Teilweise roten Tab verwendet. Der ist schlechter, Trefferlage mit rotem Tab. ca. 15 cm rechts und 10cm tiefer.
29.7 Schraubspitzen in neuen Pfeilen korrekt kleben. Die waren bisher nur locker geschraubt. Sachen für Berlin packen. Auto kontrollieren.
30.7. FS ca. 90 Schuss, 297, schlechtes Gefühl.
31.7. kein Training. Koffer packen.
Es geht los:
Am Donnerstag, den 1.8.2019 um 3:40, begann die heiße Phase der DM. Den verdutzten Hund ins Auto gepackt und los ging es. Frühstück erfolgte dann gegen 9:00 bei meiner Schwester in Leipzig. Dort durfte auch der Hund bleiben.
Weiter nach Berlin Spandau ins Hotel. Anschließend zum Olympiagelände, die Wettkampfstätte ehrfurchtsvoll in Augenschein nehmen und die Startunterlagen holen. Abendessen und ins Bett.
Nach einer nervösen Nacht begann der Wettkampftag um 5:50. 6:30 Frühstück. Und als Highlight des Tages unerwarteterweise ein Foto mit Lisa Unruh und Flo Kahllund ergattern können, welche plötzlich im Frühstückssaal erschienen.
7:45 Eintreffen am Schießplatz.
Vor imposanter Kulisse begannen die Probepfeile um 9:30
Nervosität war nicht vorhanden. Entgegen meiner sonstigen Tendenz hatte ich anfangs eher eine vertikale Abweichung, nicht wie sonst immer horizontal. Das brachte mich etwas in Zugzwang, da ich die Ursache nicht gut einordnen konnte. Irgendwann wurde das besser, aber gleich wieder von der üblichen links rechts Abweichung abgelöst. Entweder zuckte der Bogenarm oder das Lösen war Mist.
Lauter 48/49 er und nur eine 55 brachten noch erträgliche 294 Ringe in der ersten Runde.
Die zweite Runde begann vielversprechend mit 51. Mir war klar, jetzt geht was. Leider nur nach unten. Ich konnte keine guten Ergebnisse stabilisieren. Mit lauter 47/48 er Passen folgten 290 Ringe. Macht 584, was auf einer deutschen Meisterschaft nur zu Platz 56 reicht. Meine Platzierungen reichten von Platz 42 bis 71. Somit hat es sich dann eingependelt. Schade, vom Ergebnis hätte ich mir rund 15-20 Ringe mehr vorgestellt. Es fehlte an der unbedingten Wettkampfhärte, auf großen Turnieren die Bestleistung abrufen zu können. Das war mal anders.
Es folgten die Siegerehrung mit einem nicht erwarteten neuen deutschen Rekord unserer Masterklassen - Mitstreiter aus Mühldorf.
Später noch die Elimination Round. Da ich nach solchen Turnieren immer erschöpft bin, ging es dann ins Hotel und abends nach Spandau eine leckere Currywurst essen. Das Hotel war inzwischen von den Leichtathleten von Bayer Leverkusen bevölkert. Bei den ganzen super durchtrainierten Zwanzigjährigen fühlte man sich dann gleich auch ein zwei Jährchen jünger.
So fragte man am Folgetag beim Frühstück den jungen Mann am Nebentisch, was er denn für einen Sport machen würde. Die Antwort: Hochsprung. Nächste Frage: Wie hoch er denn springen würde? Antwort: 2,30m! Es war Mateusz Przybylko https://www.google.com/search?q=Mateusz+Przybylko Europameister und Weltmeisterschafts Dritter. Aber selbst er sagte, es sei super, dass so viele Sportarten gleichzeitig stattfinden. Wie bei Olympia, meinte er.
Weiter ging’s zum Stadion, wir schauten an den vielen Ständen der unterschiedlichsten Sportarten, Verbände, Fernsehsender und Sponsoren vorbei. Dann ins Stadion zur Leichtathletik. Wahnsinns Atmosphäre und super Sport. Danach nochmal entspannt zum Bogenschießen, den Youngsters und Compoundern zuschauen. Es gab eine Autogrammstunde der Nationalkaderschützen. Nett.
Der Glockenturm brachte mich dann mit meiner Höhenangst an gewisse Grenzen. Die Fotos von ganz oben stammen von meiner Frau.
Anschließend zum olympischen Platz zum Finalschiessen. Hier erlebten wir einen denkwürdigen Sieg von Moritz Wieser aus Tacherting im Stechen.
Anschließend ging es dann wieder nach Hause.
Fazit:
Dieser Bericht soll aufzeigen, welchen Aufwand solch eine Teilnahme bedeutet. In guten Jahren reicht ein wenig Rumschiessen zur Qualifikation, wenn man aber nicht am oberen Ende der Qualibereiche liegt, so ist harte und stetige Arbeit bei unbedingtem Willen erforderlich.
Ich möchte mich hier auch mal bei meiner Frau bedanken, die schon immer meinen Sport und dessen viele Ausuferungen erträgt und mich immer unterstützt. Es hat mich ungemein gefreut, dass Sie mit zum Turnier gekommen ist.
Bedanken muss ich mich auch bei meiner Masterklassen-Mannschaft, ohne die ich mich nicht mal zur Bayerischen Meisterschaft qualifiziert hätte. Meine Mannschaftskollegen, Tom und Harald, haben die Qualifikation sichergestellt, so dass dann alles weitere folgen konnte.
Des Weiteren möchte ich mich auch bei meinem Verein, dem TSV Jahn Freising, bedanken, der uns immer die bestmöglichen Trainingsbedingungen ermöglicht und uns hervorragend unterstützt. Hierfür haben wir uns oftmals nicht gut genug bedankt.
Die Finals in Berlin waren ein herausragendes Erlebnis für mich. Ich hoffe, dass vor allem junge Vereinskollegen, egal welcher Sportart, auch einmal solch eine Erfahrung machen können, welche jeden Sportler für seine Trainingsmühen belohnt.