Behind the Scenes - Europameisterschaft in München 2022

von Rainer Piepereit (Kommentare: 0)

Achtung! Die tollen Fotos folgen ganz am Ende. Ein Bericht von Steve:

Vom 6. bis 12. Juni 2022 fand die Bogen-Europameisterschaft in München statt. Es war die erste EM der Erwachsenen im Freien auf deutschen Boden. Recurve und Compound Schützen aus ganz Europa traten im Einzel als auch im Team um die Europäische Krone an. Nach dem Qualifikationsschießen auf der Olympiaschießanlage ging es am 11. und 12. Juni auf die Theresienwiese, wo es bei schönstem Wetter um Bronze, Silber und Gold ging. In spannenden Wettkämpfen vor einem gutgelaunten Publikum, erreichten unsere deutschen Schützen folgende Ergebnisse:

1x Gold - Recurve Damen Team (Bauer, Kroppen, Schwarz)
3x Silber - Recurve Mix Team (Kroppen, Unruh), Recurve Einzel Michelle Kroppen, Recurve Einzel Florian Unruh
1x Bronze - Recurve Einzel Katharina Bauer

Eine phänomenale Leistung!

Man könnte hier aufhören und die Geschichte wäre erzählt, wenn nicht mehr dahinterstecken würde. Denn man mag es kaum glauben, aber auch 3 motivierte Freisinger hatten einen Anteil an dieser Erfolgsgeschichte.

Jana, Rainer und Steve sind dem Ruf des DSB gefolgt und haben sich freiwillig gemeldet um bei diesem Turnier als Volontäre zu unterstützen.

Was macht ein Volontär? Naja, alles!

Los ging es schon am 3. Juni, 3 Tage bevor die Athleten offiziell angekommen sind. Nach einer Begrüßung und Einweisung in Garching ging es los. Wir waren nun Teil von 20-30 Volontären. Viele waren, so wie wir, das erste Mal zum Helfen auf so einer Veranstaltung. Andere jedoch, machten das nicht zum ersten Mal. Sie hatten schon an mehreren Weltcups und Nationalen Wettkämpfen als Helfer teilgenommen. Ihre Erfahrung war Gold wert, vor allen, wenn es mal komplizierter wurde. Nur durch diese engagierten Bogensportfreunde, kann so ein Event durchgezogen werden.

Mit dieser Gruppe von Freiwilligen musste nun alles aufgebaut und vorbereitet werden. Und wenn wir sagen alles, dann meinen wir alles.

Hier eine kleine Aufzählung der Dinge die Vorbereitet werden mussten:

- Wettkampffeld (62 Scheiben)
- Trainingsfeld (30 Scheiben)
- Scheiben aufbauen (Ständer + Scheiben)
- Auflagen verteilen und befestigen
- Entfernungen und Abstände markieren
- Gepäckaufbewahrung aufbauen und verwalten
- Beschilderungen anbringen
- Speisesaal aufbauen
+ die vielen Kleinigkeiten die da noch so anfallen. (z.B. Kabel befestigen, Getränke transportieren, jemand zum Arzt fahren...)

Damit waren wir drei volle Tage beschäftigt, wobei uns das regnerische Wetter immer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Teilweise mussten einige Arbeiten auch wiederholt werden (Stichpunkt: Markierungen) Unterm Strich sind wir aber wirklich stolz auf unsere Leistung gewesen, da alles super aussah als dann die Athleten eintrafen. Das wusste man dann auch nach "Feierabend" zu feiern. Diese ersten Tage waren sehr intensiv und interessant, aber wirklich aufregend, wurden dann die nächsten Tage als der Wettkampf startete. Ab Montag waren die verschiedenen Teams in Garching, meldeten sich an und konnten zu ihren Trainingszeiten schießen, bevor es dann am Dienstag ernst wurde.

Die einzelnen europäischen Nationen mit ihren Schützen und Betreuerstab über das Gelände laufen zu sehen, überall verschiedene Sprachen zu hören und zu merken das etwas Besonderes in der Luft liegt, ist eine Erfahrung, die man erlebt haben muss.

Am Abend gab es den ersten Offiziellen Punkt der Europameisterschaft in München. Die Eröffnungsfeier! (Die wir natürlich ebenfalls auf und abgebaut haben)

Bei dieser Feier, mit Einmarsch jeder Nation (auch mit Freisinger Fahnenkinder), wehte ein Olympischer Wind durch Garching. Neben einer Vorführung Bayerischer Böllerschützen (Bayerische Tradition für Europa) und Einleitenden Worten der jeweiligen Vorsitzenden, schworen die Athleten, Betreuer und Kampfrichter das alles Fair zu gehen würde. Dabei wurden Flaggen gehisst und Hymnen gespielt. Wirklich eine schöne Veranstaltung.

Ab Dienstag ging es dann ans Eingemachte. Die Qualifikationsrunden starteten. Nachdem wir die letzten Tage die Männer und Frauen fürs grobe waren, ging es ab jetzt etwas feiner zu. Wir unterstützten auf dem Wettkampffeld. Was heißt das genau? Während des Wettkampfes gab es 2 verschiedene Teams, die sich um die Abläufe auf dem Feld kümmerten.

Ein Team war die ganze Zeit damit beschäftigt Auflagen zu tauschen und die Scheiben zu präparieren. Vor allen bei den Compound Schützen war das sehr viel Arbeit. Neben der hohen Wechselfrequenz der Auflagen, musste teilweise die komplette Scheibe getauscht werden. Leider machte der nun einsetzende Regen die Sache nicht einfacher. Durch die Nässe gingen die Compound Pfeile fast ungehindert durch die Kunststoff Scheiben, was auch zwei Backstopps nicht verhindern konnten. Zum Glück konnte auf die Erfahrung einiger Freiwilliger gebaut werden, die das Problem mit abklingenden Regen, unter Kontrolle bekamen. Nur durch die engagierte Leistung dieser Volontäre konnte das Schießen bei den schlechten Bedingungen erfolgreich durchgeführt werden.

Das zweite Team kümmerte sich in dieser Zeit um die Ergebnisse der Schützen. Und dort haben wir geholfen. Wir alle kennen die Schießzettel, in welche die Ergebnisse der jeweiligen Schützen eingetragen werden. Doch bei einer Europameisterschaft gibt es neben den Zetteln auch noch kleine PDA´s (Handys zum Treffer eingeben) damit die Ergebnisse schnell überall verfügbar sind. Man konnte Live über das Internet den Wettkampf verfolgen und mitfiebern. Und damit das alles reibungslos funktioniert, waren wir da. Wir haben dafür gesorgt, dass die Schützen immer die richtigen Zettel und PDA´s bekamen. Das heißt wir mussten alles sortieren, vor den Schützen an den jeweiligen Scheiben sein, ihnen alles aushändigen und danach alles wieder einsammeln und zurückbringen. Wir waren hautnah bei den Schützen, mussten mit Ihnen reden und hatten Einblicke abseits der Kamera und manchmal auch etwas Stress. Und wo kommt man schonmal in den Genuss einen Schießzettel vom Olympiasieger in den Händen zu halten.

Zwischen den jeweiligen Schießen (Compound <--> Recurve) waren wir außerdem damit beschäftigt, die Scheiben immer wieder auf neue Entfernungen zu stellen und komplett neue Auflagen zu befestigen. Das ging dann nach den paar Tagen ganz einfach von der Hand. Jedoch gibt es sehr viel zu beachten:

- der genaue Abstand der Scheibe zur Schießlinie und zur Nachbarscheibe
- die Ausrichtung
- die Befestigung der Scheibe im Boden (Seile mit Hering im Boden)
- die Beschaffenheit (Einschusslöcher) der Scheibe und evtl. Reparatur/Austausch der jeweiligen Segmente (Kunststoffscheibe)
- Auflagen müssen auf der richtigen Position auf der Scheibe sein, Unterschiede bei Recurve, Compound und Teamwettkämpfen
- bei neuen Auflagen dürfen keine Knicke im Wertungsbereich sein
- Auflagen müssen mit definierter Anzahl Scheibennadeln an bestimmten Stellen gepinnt sein
- kein Pin darf im Wertungsbereich sein und muss ausreichend Abstand zum äußeren Ring haben
- ebenfalls war das Handling des Auflagenwechsels definiert, damit alles Reibungslos funktioniert

Nach der Qualifikationsrunde mit 72 Wertungspfeilen standen die ersten Ausscheidungswettkämpfe an. Wie in einem Ausscheidungsturnier mussten sich die Schützen Runde für Runde qualifizieren und traten gegeneinander an. Es wurde bis zum Halbfinale alles ausgeschossen. So stand zum Schluss fest wer in den jeweiligen Medaillen Matches antreten würde.

Für uns war es sehr spannend zu beobachten, wie die jeweiligen Schützen mit der Situation umgehen. Man konnte die ganzen Ereignisse sehr nah und intensiv beobachten. Vor allen beim Teamschießen waren alle Schützen der jeweiligen Nation lautstark mit ihren Anfeuerungsrufen dabei. Bei dieser Spannung musste man sich manchmal selber daran erinnern, dass man ja zum "Arbeiten" da war.

Nach den letzten Schießen wurde auch gleich angefangen abzubauen und Vorbereitungen getroffen, um Teile des Equipments zur Theresienwiese umzuziehen. Dort waren schon die Tribünen und alles drum herum aufgebaut. Im Schatten der Bavaria musste nun alles mit Leben gefüllt werden. Man glaubt nicht, was man neben zwei Finalscheiben noch alles so brauch.

Die Veranstaltung wurde also in Garching abgebaut und auf der Theresienwiese wieder aufgebaut. Neue Umgebung und auf einmal neue Aufgaben.

Jana hatte dabei eine besondere Aufgabe bekommen. Sie durfte bei den Siegerehrungen die Medaillen und die Geschenke überreichen und das typisch Bayerisch, im Dirndl. Sie empfand das als eine riesengroße Ehre.

Die Finalschießen hatten nun einen würdigen Rahmen. Neben der Bavaria war auch ein großes Publikum vor Ort. Unter anderem weitere Freisinger Vereinskollegen, welche es sich nicht nehmen lassen, diese hervorragende Veranstaltung in München zu besuchen. Als kleiner Vereinsausflug feuerten sie die Schützen an und kamen ebenfalls in den Genuss dieser Europameisterschaft.

Natürlich ist der Moment, am Treppchen zu stehen oder im Publikum zu sitzen und den Athleten in ihren schönsten Momenten zu begleiten ein ganz besonderer. Das sind aber auch die Momente, welche die Kameras einfangen haben und jeder sieht.

Für uns, als Helfer, bleiben aber auch die anderen Momente in Erinnerung. Die Persönlicheren. Zum Beispiel, das Warten im Medaillenzelt, mit den Athleten, auf ihren großen Moment in denen man die Nervosität, die Anspannung und Freude spürt. Das vereinte Kämpfen gegen den Regen und der Kampf der Athleten beim Regen. Der Austausch mit den anderen Helfern aus ganz Deutschland, welche ebenfalls Bogenschützen, Vereinsmitglieder und Fans sind. Witze mit den Kamprichtern zu machen und im nächsten Moment sie wieder konzentriert bei der Sache zu sehen.

Das schönste ist aber der Spaß, den man miteinander hat. Beim gemeinsamen Grillen, in den Pausen oder auch bei der Arbeit. Es waren diese Erlebnisse, welche einem bleiben und an die man sich gern erinnert.

Bericht von Steve, Fotos teilweise von Eckhard Frerichs ©, Jana, Steve, Rainer

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